Im Zusammenhang mit der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2014: "Die Europäische Union ist weniger demokratisch kontrolliert als die meisten ihrer Mitgliedstaaten, daher ist jeder Schritt zur vertieften europäischen Integration immer auch mit einem Verlust demokratischer Kontrolle verbunden. Das europäische Integrationsprjekt wird daher nur dann eine gute Zukunft haben, wenn die europäischen Institutionen konsequent demokratisiert werden und zugleich das Subsidaritätsprinzip ernst genommen wird." (Artikel "Ein Warnruf" von Julian Nida-Rümelin, Süddeutsche Zeitung, 4.6.2024, S.11)
Alarm 2024 in Deutschland
Muslime, die einen steigenden Anteil an der jungen Generation Deutschlands haben, stellen über die - demokratisch entschiedenen und geformten - Gesetze Deutschlands die undemokratisch
starren Regeln des Koran. (Laut der "Studie des Kriminolgischen Forschungsinstituts in Niedersachsen ... stimmen mehr als zwei Drittel (67,8 Prozent) der muslimischen Schüler dieser
Aussage zu: 'Die Regeln des Koran sind mir wichtiger als die Gesetze in Deutschland.' Von den Befragten erklärten 45,8 Prozent, ein islamischer Gotteststaat
sei für sie die beste Staatsform." (Sonntagsblatt. Evangelische Wochenzeitung für Bayern 17 (28.4.2024), S. 7)
Damit ist die Demokratie in Deutschland mittelfristig entscheidend gefährdet. Im Folgenden wird der hohe Wert der Demokratie für jeden Menschen, den Staat
(und auch die christliche Kirche) entfaltet.
In diesem Artikel soll die Angemessenheit der Demokratie im Blick auf die beiden Bereiche "Staat und Kirche" behandelt und differenziert werden.
Unter ökumenischem evangelisch-katholischen Blickwinkel wird sich zeigen, dass klischeehafte Zuordnungen evangelisch=demokratisch und katholisch=autoritär nicht nur verzerren, sondern in manchen Epochen für den staatlichen Bereich sogar das Gegenteil der Fall war.
Andererseits scheint Papst Franziskus neben allen neuen Akzenten beim Thema „Demokratie in der Kirche“ auch im Jahr 2014 eine ablehnende Haltung beizubehalten: „Bischöfe werden nicht gewählt, um eine Organisation, die sich Ortskirche nennt, zu leiten, sondern werden geweiht und haben den Heiligen Geist mit sich"(1), sagte der Papst in einer Predigt und fuhr fort: Der geweihte Bischof … werde nicht von Menschen, sondern von Gott erwählt.
(Kern der Argumentation in diesem Aufsatz wird sein, dass es das Wesen des Menschen ist, auf das andere bezogen zu sein und nur von und durch das/den anderen zu existieren,
- zum einen beinhaltet dies, dass der Christ die anderen Menschen als die anderen seiner selbst/gleichberechtigt und damit demokratisch gleichwertig achten soll,
- zum zweiten auf Gott als „das andere in Vollkommenheit“ bezogen ist und damit die vollkommene Wahrheit außer sich und nur in Gott weiß und aus dieser Wahrheitsdifferenz den anderen Menschen gleiche, demokratische Rechte zuerkennt und nicht unmittelbar identisch mit Gott autoritär handelt.
Aufgrund dieses zweiten Punktes will ich zeigen, dass wahrer Glaube und wahre Religion demokratisch sein muss und nicht repressiv-autoritär sein kann – ganz im Gegensatz zu jedem religiösen Fundamentalismus, wie wir ihn zum Beispiel im Islamischen Staat (IS) finden. Wer Demokratie ablehnt, beleidigt Gott, weil er sich –zumindest unbewusst und teilweise - auf die Stufe Gottes stellt.)
Im Vergleich zu den meisten kirchlichen Aufsätzen und Monographien zur Demokratie, betont dieser Aufsatz die Demokratie stärker als christlich-ethische Kernmaxime und Wert an sich und verkleinert die Unterschiede zwischen staatlicher und kirchlicher Anwendung. Dabei kommen im kirchlichen Raum in einem zweiten Schritt durch die Glaubensausrichtung auf Gott gegenüber der staatlichen Demokratie einige Aspekte hinzu.
Demokratie ist eine Methode, ein Werkzeug, um Entscheidungsprozesse in einer Gruppe zu regeln (und gehört damit in das Unterkapitel der Sozialethik).
Die Methode besteht darin, dass
1. Entscheidungen mit (einer wie auch immer genauer definierten) Mehrheit in einer Abstimmung entschieden werden
und
2. alle Gruppenmitglieder bei dieser Abstimmung eine, also die gleiche Stimme haben.
Damit beruht Demokratie fundamental auf dem Grundsatz, der ethischen Maxime der Gleichheit.(2).
Da nur dann die demokratische Methode erforderlich ist, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, sind Meinungsverschiedenheiten (Spaltung) eine praktische notwendige
Voraussetzung für Demokratie(3). Spaltung gehört also zur DNA von Demokratie, und nur in einer Diktatur ist Spaltung verboten.
Demokratie – gerade auch im kirchlichen Raum – mit dem Argument zu kritisieren, Einstimmigkeit und Einmütigkeit seien ethisch besser, trifft die Demokratie nicht, denn Demokratie muss immer erst dann – praktisch – als Methode angewandt werden, wenn dauerhafte Meinungsverschiedenheiten festgestellt wurden und die Einmütigkeit damit als Gegenposition schon ausgefallen ist.
Schon formallogisch und mathematisch ist es die einzige Alternative zu einer demokratischen Mehrheitsentscheidung, dass eine Minderheit (wozu auch ein einzelner Monarch gehört) diktatorisch entscheidet. (Als dritte Möglichkeit bleiben lediglich Methoden, bei denen überhaupt kein Mensch entscheidet.(4))
Wieweit auf der Grundlage eines akzeptierten demokratischen formalen Entscheidungsprozesses das Ziel größtmöglicher Einmütigkeit und der Annäherung der konträren inhaltlichen Positionen durch größtmöglichen Kompromiss anzustreben ist, ist in der politischen Demokratietheorie umstritten.(5) Jedenfalls ist es nicht sinnvoll, den Begriff „Demokratie“ so zu definieren, dass er selber schon mit diesen Inhalten versehen wird, weil dann ein Begriff für das formale Verfahren (das sich natürlich von den Inhalten unterscheidet) fehlt.
Demokratie ist als Methode und Werkzeug (s.o.) rein der formalen Ebene zuzuordnen, auf deren Grundlage dann in weiteren Schritten über inhaltliche Fragen, Inhalte entschieden wird.
Sie unmittelbar mit Inhalten (z.B. Gerechtigkeit,…) zu verbinden, indem man ihr sogar Inhalte vorschaltet (wozu man wegen der starken ethischen Inhalte in der Religion versucht sein könnte oder auch Menschenrechte), ist nicht nur aus sprachlich-begrifflichen Gründen nicht sinnvoll, sondern darüber hinaus letztlich eine verschleierte Form der Diktatur, denn da die Inhalte im Entscheidungs-Prozess ja vor der Demokratie stehen sollen, sind sie der Mehrheitsentscheidung entzogen, müssen aber trotzdem definiert werden. Diese Definitionshoheit haben dann einzelne Menschen ( (z.B. religiöse) „Experten“, Richter*innen) ohne demokratische Kontrolle auf diktatorische Weise. In einem solchen System, das Demokratie auf der 1.Stufe nicht rein formal versteht, wird von einigen Menschen all das, was nicht in ihr Toleranzspektrum passt, als "demokratisch nicht abstimmbare" "Verletzung von Menschenrechten" definiert - eine ideologisch begründete, klassisch verschleierte Diktatur einer Minderheit.
Ich stimme in fast allem den Ansichten Philip Manows in seinem neuen Buch (Manow, Philip: Unter Beobachtung: Die Bestimmung der liberalen Demokratie und ihrer Freunde, Berlin 2024) zu,
gerade auch im Blick auf die (fatalerweise) zunehmende Macht der Gerichte gegenüber demokratischen Parlamentsentscheidungen.
In einem Interview-Artikel der Süddeutschen Zeitung (Bovermann, Philipp/Stephan, Felix: "Wir können die Wälle nicht immer höher ziehen", SZ vom 9.7.2024, S.9)
fasst Manow die Aussagen seines Buches zusammen:
"eine Demokratie, die vieles nicht mehr über Mehrheiten und Wahlen regelt, sondern über Gerichtsentscheidungen ... vor allem
durch den Europäischen Gerichtshof. ... Krisendiagnosen ..., dass populistische Akteure die liberale Demokratie systematisch zerstören, beziehen sich auf
Konflikte zwischen Politik und Recht: die Reformen in Ungarn ..., dann in Polen, in Israel, sie alle zielten darauf ab, die Verfassungsgerichte auszuschalten. In Israel ...
nahm sich das Oberste Gericht die Befugnis zur weitgehenden Kontrolle von Parlamentsgesetzen ... Das kreiert natürlich eine politische Motviation, diese Institution zu schleifen.
Oder zu übernehmen. ... Es gibt eine Reihe von stabil-demokratischen, liberalen Ländern, die skandinavischen zum Beispiel, die Niederlande oder das Vereinigte Königreich, die gar keine
Verfassungsgerichte kennen. Offensichtlich hängt es nicht daran, ob eine Demokratie lebt oder stirbt. ... wir müssen die Zumutungen der elektoralen Demokratie annehmen, die darin
bestehen, dass Leute wirklich anderer Meinung sind als wir."
Das Primat der Demokratie, des Mehrheitswillens der Bevölkerung bedeutet, dass es bei der Gewaltenteilung eine Hierarchie gibt, an deren Spitze das
Parlament (klassisch "Legislative" genannt) und Volksabstimmungen stehen. In diesem Sinne war im Jahr 2024 der Schlusspunkt der Amtszeit des linken mexikanischen Präsidenten
Obrador "eine gigantische Justizreform. ... Sie sieht vor, dass von 2025 an so gut wie alle Richter im Land direkt vom Volk gewählt werden." (Christoph Gurk: Ein Populist tritt ab,
Artikel in: Süddeutsche Zeitung vom 1.10.2024, S. 6)
Die Gerichte stehen am Ende und haben lediglich die Aufgabe,
für eine stimmige Anwendung der vom Parlament beschlossenen Gesetze und die Verhinderung von Vetternwirtschaft zu sorgen (zu verhindern, dass zB die Familien von
Parlaments-Abgeordneten oder Regierung sich über die Gesetze hinwegsetzen).
Über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen sollten Gerichte nicht entscheiden dürfen. Was den Menschenrechten entspricht, entscheidet letztgültig das Parlament und nicht das
höchste Gericht. - "Der Rechtsstaat ist weder unantastbar noch heilig." (Oliver Meiler: Bruno Retailleau. Frankreichs neuer Innenminister, SZ, 2/3.10.2024, S.4)
In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage des US-Vizepräsidenten Vance zu nennen: "Judges aren‘t allowed to control the executive branch‘s legitimate power" (Drenon, Brandon; Zurcher, Anthony:
Web-Artikel:Vance questions authority of US judges to challenge Trump, BBC-News vom 11.2.2025)
("Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren." (sondern nur das Volk, das die Regierung (und das Parlament) eingesetzt hat)
Es genügt das etwas extreme Modell in Indien um das Jahr 2020 vollkommen den demokratischen Anforderungen: "Modis Auffassung von Demokratie ist die absolute Herrschaft der Mehrheit - vollstreckt durch einen starken Anführer." (David Pfeifer: Indien. Ein Vollstrecker, Süddeutsche Zeitung, 5.6.2024, S. 4)
Demokratie bedeutet Herrschaft der Mehrheit (die hoffentlich den ethischen Standard hat, den Minderheiten volle Achtung und Würdigung zu erweisen (S.u. Kap 9.2..). Demokratie heißt: dem Volk dienen; deshalb sollen die Legislative, die Exekutive und erst recht die Gerichte sein: Diener, Spiegel und Echokammer der Mehrheit."Zu den Forderungen nach Demokratie seit der Aufklärungszeit war der Liberalismus eigentlich eine Gegenbewegung ... Eine Demokratie, die nicht liberal ist, ist genauso möglich wie Liberalismus ohne Demokratie." - so Aleandre Lefebvre (Eigene Website von A. Lefebvre), Professor für Politologie und Philosophie an der "University of Sydney" im Interview (Nicolas Freund: "Konservative verstehen Liberalismus als Angriff" (Interview mit A. Lefebvre), Süddeutsche Zeitung vom 26.8.2024, S. 5).
Wie schon im Kapitel zuvor geschrieben, beruht Demokratie auf der ethischen Maxime der Gleichheit. Dabei ist die Gleichheit nicht nur notwendige, sondern auch hinreichende Voraussetzung für Demokratie, d.h. wenn man von der Gleichheit der Menschen ausgeht, ergibt sich unmittelbar und nur die demokratische Entscheidungsform (und Verfassungsform)(6).
So leitetet auch die EKD-Demokratie-Denkschrift von 1985 die Demokratie aus dem ethischen Wert der Gleichheit her: "Die Würde des Menschen als Gabe Gottes ... Aus der gleichen Wurzel entspringt auch der Gedanke der Freiheit und Gleichheit aller Menschen, ohne den die Entwicklung zur Demokratie nicht denkbar ist. Wo sich der Gedanke durchzusetzen vermochte, daß es keine Menschen oder Menschengruppen von unterschiedlicher Wertigkeit gibt, konnte es auf die Dauer nicht mehr hingenommen werden, einen Teil von ihnen grundsätzlich von der politischen Herrschaft auszuschließen."(7)
In gleichem Sinn, aber leider mit abgeschwächter Formulierung spricht das Demokratie-Impulspapier der EKD von 2017: "Deshalb ist eine Demokratie nur stabil, wenn sie eingebettet ist in eine politische Kultur, in der die Bürgerinnen und Bürger sich gegenseitig als Freie und Gleiche anerkennen und achten."(8)Wird Demokratie zuerst und ausschließlich aus der Menschenwürde abgeleitet, die wiederum stark inhaltliche Elemente enthält (die dann undemokratisch erst einmal definiert werden müssen (S.o. Kap.2.)) statt aus der Gleichheit, dann ist ihr Begründungsfundament ausgesprochen brüchig und argumentativ leicht ins Wanken zu bringen, wie historische Beispiele zeigen,
- z.B. könnte die Menschenwürde der Frau durch ihren nicht-öffentlichen Platz in der Familie definiert werden, die sie von politischer Willensbildung ausschließt.
- Es könnte argumentiert werden, dass queere sexuelle/homosexuelle Minderheitenorientierungen der Menschenwürde widersprechen und nicht toleriert und nicht demokratisch akzeptiert werden dürfen.
- Es könnte argumentiert werden, dass eine Trennung unterschiedlicher Rassen der gottgewollten Menschenwürde entspräche, so wie dies mit explizit religiöser Begründung in der Republik Südafrika und Urteilen der obersten Gerichte in den Südstaaten der USA bis in die 1960er-Jahre geschah.
Manche Formulierungen der Denkschrift der EKD lassen dieses Verhältnis begrifflich nicht vollkommen klar erscheinen und böten Einfallstore für solche fatalen Ableitungen.
Gleichheit selbst kann nun ihre Begründung haben in
- 1. einer nicht weiter hinterfragten (axiomatischen) Entscheidung einzelner/aller Gruppenmitglieder (Immerhin müsste der, der diese Entscheidung nicht nachvollzieht, damit behaupten, dass einzelne (vermutlich auch er selbst) einen größeren Wert, ein größeres Gewicht in der Gruppe haben als andere.);
- 2. zuvor gesetzten weltanschaulichen oder religiösen Grundsätzen, z.B. Aussagen der Bibel(9);
- 3. (diese Voraussetzungen der Punkte 1. und 2 ausschließend - stattdessen rational begründend)
- 3.1. der Feststellung, dass Identität und Übereinstimmung das Grundwesen der Wirklichkeit ist, dass also der einzelne in größtmöglicher Einheit und Identität mit der ihn immer betreffenden Umgebung leben sollte.
- und 3.2. (auf der Grundlage von 3.1.) einer (philosophisch-(theologischen)) Analyse der Wirklichkeit – wie folgt:
Die Wirklichkeit, mit der der Mensch (nach 3.1.) in Einklang leben soll, wird dann als Relationalität analysiert. Konkreter gesprochen ist jeder Menschen notwendig und grundlegend auf seine Umwelt bezogen. Ein nächster Erkenntnisschritt besteht darin, dass der Mensch, weil seine Umwelt, die anderen für ihn so konstitutiv sind, er dieser Umwelt, also den anderen Menschen einen gleichen Wert, also Gleichheit zugestehen muss, die dann wiederum die hinreichende Basis für Demokratie ist (s.o. Anm 6.).
(So eine Ableitung würde den Analyseformen des Deutschen Idealismus nahe kommen, bei denen eine notwendige dialektische Beziehung von Subjekt und Objekt (Nicht-Ich) in der Wirklichkeit besteht. Ein solcher Gedankengang würde sich etwa wie folgt darstellen: Da das menschliche Subjekt immer schon begründet und bestimmt ist durch das andere (seiner selbst), muss es dem anderen (und damit auch den anderen Subjekten, Menschen) einen gleichen Wert, also Gleichheit zugestehen.)
Die Begründungswege in 3.1. und 3.2. könnten auch miteinander verbunden werden, indem man davon ausgeht, dass der (trinitarische, relationale) Gott der Grund der Wirklichkeit (der Relationalität) ist.
Eine ausführliche Entfaltung der Gedankengänge unter Punkt 3 findet sich hier in der Anmerkung.(10)
Da es in der Religion um Wahrheitsfragen geht, ist die Klärung dieses Punktes hier sehr wichtig. "Demokratie ist kein System der Wahrheitsfindung, sondern der Entscheidungsfindung"(11), kann also nicht mit Wahrheitsqualifikationen gerechtfertigt oder abgelehnt werden.
Genauer müsste man sagen, Demokratie ist kein System oder keine Garantie für inhaltliche Wahrheitsfindung. Dennoch beansprucht die formale Methode der Demokratie einen Wahrheitsanspruch im Wettbewerb mit anderen Methoden (siehe oben Kap. 3. und Kap.5..).
Andererseits stehen die anderen Methoden der inhaltlichen Wahrheitsfindung auch nicht näher. Sie können also nicht mit größerer Nähe zu inhaltlichen Wahrheiten gerechtfertigt werden, obwohl dies von außer- und innerkirchlichen Demokratie-Kritikern bis heute getan wird.(12)
Die inhaltliche Berufung auf die Wahrheit und Souveränität Gottes, auf den wahren Glauben(13); kann gegenüber der Meinung der anderen nicht besonders qualifizieren und die demokratische Methode nicht widerlegen oder auch nur begrenzen, denn Gottes Wahrheit begegnet uns normalerweise nicht unmittelbar, sondern nur vermittelt durch das Sprechen von Wahrheit durch verschiedene Menschen(14). Beruft sich jemand auf Gott und den – wahren – Glauben, dann redet hier nicht Gott unmittelbar oder auch nur stärker als bei den anderen Menschen, sondern es redet dieser Mensch (von Gott und der Glaubenswahrheit).
Menschen, die mit – auch religiösen - Wahrheitsansprüchen reden, sind sich teilweise nicht einig. Nur solche(15) Meinungsverschiedenheiten im Blick auf die Wahrheit sind der Sitz im Leben der Demokratie(16). Dann ist zu klären, in welchem Verhältnis die sich widersprechenden Personen zueinander stehen. Hier gibt es letztlich nur 2
kontradiktorische(17) Methoden:
- Alle sich über die Wahrheit streitenden Menschen (Subjekte) sind gleich, dann ist die Methode der Demokratie anzuwenden (die als formale, auf der Gleichheit beruhende Grundwahrheit im Kapitel 3 dargelegt wurde).
- Die Gleichheit wird abgelehnt: Dann bestimmen die Menschen, die mehr Entscheidungsgewicht haben, mehr oder weniger diktatorisch über die anderen.
Wenn Demokratie als grundlegendes formales Wahrheitssystem auftritt, dann wird dieses nicht nur
– „klassisch-konservativ (tw.reaktionär)“ mit einem Anspruch auf Wahrheit kritisiert, über die nicht abgestimmt werden kann/dürfe (Totalisierungsgebot – siehe nächsten Absatz) (s. Kap 4. und Kap.8.1., 8.2.),
- sondern auch von der anderen – postmodernen – Seite mit der Behauptung, dass jeder Wahrheitsanspruch Pluralität und damit auch Demokratie zerstöre.
Diese postmoderne Kritik trifft aber nur Wahrheitspositionen, die auf der ersten, grundlegenden Ebene statt rein formaler auch inhaltliche Positionen einnehmen. Das sind zum Beispiel auch Positionen, die - vor allem in der Politik - die Befolgung von Expertenwissen als Bedingung, Vorgabe und Einengung für demokratische Entscheidungen fordern, wodurch die Demokratie zur einer diktaturartigen "Expertokratie" würde: Es "zieht der Verweis auf Expertenwissen im demokratischen Diskurs indes prinzipiell demokratietheoretische wie auch demokratieprinzipielle Friktionen nach sich. ... Insoweit droht eine Herrschaft der Experten."(18) "Die Neigung, Entscheidungen als sachlich oder rechtlich zwingend zu deklarieren, ... stellt eines der Hauptprobleme im Umgang mit Expertenwissen dar. ... Die Rede von mangelnden Alternativen ist in einer Demokratie somit kein gangbarer Weg."(19) In diesem Zusammenhang sehr negativ zu beurteilen ist auch die Behauptung von alternativlosen Fakten, die durch Experten*innen erkannt wurden, und das negative Reden von "Spaltung" z.B. dann, wenn Menschen Experten-Empfehlungen ablehnen. (Die Erlaubnis von Spaltung (als Ausdruck der großen Unterschiedlichkeit der einzelnen Menschen) gehört zur "Kern-DNA" von Demokratie, und wer Spaltung verbietet, ist automatisch undemokratisch.) "Daher kann politisch ... selbst über einen Expertenkonsens hinweggegangen werden.(20) "In einer Demokratie muss ... letztlich die öffentliche Meinungsbildung darüber entscheiden, ob eine weitere Debatte stattfindet oder wissenschaftliche Aussagen als Fakten anerkannt werden."(21) "Prinzipiell wird im Recht mittels der Letztentscheidung des demokratisch legitimierten Hoheitsträgers über Wissen sichergestellt, dass trotz der Einbeziehung von Expertenrat ... den Maßgaben des Demokratieprinzips genügt wird."(22)
Demokratie als rein formaler Wahrheitsanspruch bewegt sich auf einer formalen Meta-Ebene, die über den inhaltlichen Wahrheitsansprüchen steht, deshalb grundsätzlich keinen ausgrenzt und Pluralität nicht zerstört: Dieses (mit dem Wahrheitsanspruch der Demokratie einhergehende, scheinbar intolerante) „Totalisierungsverbot steht nicht in der gleichen Reihe wie deren Totalisierungsgebote. Das kann man schon daran erkennen, daß seine Position nicht eine weitere materiale, sondern eine formale ist, die sich auf alle materialen gleichermaßen bezieht …. Dies ist eine ... widerspruchsfreie Position."(23)Wenn nämlich – dialektisch gesprochen - das System/die Einheit/die Struktur die Offenheit selbst ist, ist durch diese Struktur (Demokratie) keine Einschränkung gegeben, sondern nur eine Sicherung der Offenheit und Pluralität
So muss die formale Wahrheit der Gleichheit und Demokratie mit einem Wahrheitsanspruch auftreten muss, da sie sonst Diktatur und Repression als Option zuließe und damit gerade die Zerstörung von Gleichheit, Demokratie und Pluralität. Damit würde die Ungleichheit wieder eine Option. Denn es ist schlüssige Tatsache, dass „absolute Heterogenität, streng genommen, Kommunikation verunmöglicht und somit im Konfliktfall nur noch die Praxis des Terrors übrig lässt - dieses Motiv ist ernst zu nehmen und bedarf der Einlösung. Integrative Momente sind unverzichtbar. Nur muß dabei eine Totalisierungssperre klar eingebaut und erkennbar sein."(24)
Interessanterweise werden sich letztlich die zunächst so gegensätzlichen demokratiekritischen Positionen der Intoleranz und des totalen Wahrheitsverzichtes sehr ähnlich.
Der Bund, den Gott am Sinai mit Israel schließt, beinhaltet eine "Form von Offenbarung, die das eigentlich Neue und Einmalige darstellt. Zeugen sind nun die Israeliten, die JHWH als sein Volk anspricht".(25) - Sie "konstituieren .. sich als Volk in einem ganz neuen, emphatischen und geradezu direkt-demokratischen Sinne. Sie, und nicht Mose oder die siebzig Ältesten ... oder eine Dynastie sind die Partner des Bundes."(26) - "Der Bundesgedanke macht das Königtum überflüssig. Das Volk tritt an die Stelle des Königs. In der Abwesenheit des Königs liegt das Spezifische der alttestamentlichen Bundestheologie."(27)
Dazu passt, dass die Jothamfabel im Richterbuch (Ri 9,6-16) das Königtum mit drastischen und moralisch abwertenden Bildern disqualifiziert - im Blick auf den Charakter von Leitungspersonen, der eine Monarchie hervorbringt. So ist diese Fabel auch "als die stärkste antimonarchische Dichtung der Weltliteratur bezeichnet"(28) worden.
Markus-Evangelium 10,42-44 ist ebenfalls ein herrschaftskritischer Vers.(29)
„Das Wort aus Galaterbrief 3,28 … passt heute … nahtlos zur Staatsform Demokratie.“(30)
In den Memminger 12 Artikeln der schwäbischen Bauern von 1525 wird - religiös begründet - volle Gleichheit(31) unter den Menschen vertreten: „das uns Christus all mitt seynem kostparlichen plutvergüssen, erlößt unnd erkaufft hat, Den Hyrtten gleych alls wol alls Den höchsten, kain außgenommen“(32). Sie sind "die erste demokratische Verfassungsurkunde auf deutschem Boden"(33) bezeichnet worden.
Die bewusst christlich fundierte Unabhängigkeits- und Menschenrechtserklärung(34) der USA sowie die französische Revolution sind wichtige, erste Impulse am Ende des 18.Jahrhunderts zur allmählichen Neu-Entdeckung demokratischen Gedankenguts im Christentum.
In Deutschland waren keineswegs die Protestanten die Protagonisten eines demokratischen Staates. Im Kaiserreich stark mit der Konservativen Partei und vor allem in der Weimarer Republik mit der Deutschnationalen Volkspartei verbunden, unterstützten sie – und vor allem auch die Pfarrerschaft – mehrheitlich Strömungen, die reformfeindlich und anti-demokratisch waren.
Die Mehrheit der Katholiken dagegen fand sich im Zentrum wieder, das im Kaiserreich für größere Gleichheit, Schutz (auch der eigenen katholischen) Minderheit und Pluralität eintrat und in der Weimarer Republik zusammen mit der SPD das Rückgrat der demokratischen Kräfte bildete.
Noch 1965 kann man in einem Artikel der Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht lesen, der deutsche Protestantismus habe es nicht "bisher vermocht, eine tiefe innere Beziehung zum demokratischen Gemeinwesen zu entwickeln."(35)
So kann "zwischen Protestantismus und Demokratie ... im Blick auf Deutschland nur von einer allmählichen und späten Befreundung die Rede sein."(36)
So stellt es im Jahr 2017 das Demokratie-Impulspapier der EKD noch einmal rückblickend fest: "Die evangelischen Kirchen in Deutschland gelangten nur schrittweise, nach dem Zusammenbruch von 1945 und im Angesicht des Grauens, das der Nationalsozialismus hinterlassen hatte, zu einer positiven Würdigung der Demokratie." (37)
Das zeigt sich auch darin, dass die evangelische und katholische Kirche im Jahre 2006 in einem gemeinsamen Papier im Blick auf die staatliche Verfassung eine lange antidemokratische Tradition kritisierten: "Die frühere Zurückhaltung der Kirchen gegenüber der Staatsform Demokratie hat sich grundlegend gewandelt."(38) Und im Blick auf die Zukunft heißt es: "Die Kirchen werden auch in Zukunft für die freiheitliche Demokratie des Grundgesetzes eintreten, weil diese in besonderer Weise dem christlichen Menschenbild entspricht"(39), so dass "es zur Demokratie keine akzeptable Alternative gibt."(40)
Das EKD-Papier von 2017 betont dies auch: "Für uns als Kirchen bedeutet das zum einen, im Anerkennen und Aneignen der Demokratie deren enge Verbindung mit den Werten des Christentums selbstbewusst zu vertreten."(41)
Dazu passt eine Aussage des bayrischen Landesbischofs und EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm vom Juli 2014, in der er in einer Rede in Schweinfurt äußerte, für "die Demokratie in Deutschland ... könne man 'gar nicht dankbar genug' sein."(42)
Aber noch im Jahr 2013 spricht im Unterschied zu diesem ökumenischen Papier, das die Demokratie in besondere Nähe zum christlichen Glauben rückt, eine profilierte evangelische Stimme mit einem viel zurückhaltenden, kritischen Zungenschlag: „Diese Bedeutung der Demokratie anerkenne ich durchaus. Für mich hat freilich Demokratie als Form der Herrschaftsübertragung keinen absoluten Rang. … Jedoch verbietet sich eine theologische Überhöhung der Demokratie als Staatsform.“(43)
In der us-amerikanischen politischen Geschichte finden wir dagegen immer wieder den ethischen Basiswert der Gleichheit, der religiös begründet wird; zunächst in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vom Juli 1776, 2.Absatz: „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights“(44). Diese schöpfungstheologische Begründung der Gleichheit als höchstem ethischen Wert setzte sich aktuell fort, denn Präsident Obama zitierte im Januar 2013 in der Rede zu Beginn seiner 2.Amtszeit den oben genannten Satz zunächst und aktualisierte ihn durch die Nennung von 3 historischen Orten der demokratischen Emanzipationsgeschichte: "We the people, declare today, that the most evident of truths - that all of us are created equal - ist the star, that guides us still; just as it guided our forebears through Seneca Falls, and Selma and Stonewall"(45). Die 3 Orte stehen für Gleichheitsaktionen im Blick auf 3 benachteiligte Bevölkerungsgruppen: Seneca Falls: Frauen; Selma: Farbige (Rassismus); Stonewall: Queers (Homosexuelle und andere, sexuelle Orientierung)
Markus-Evangelium 10,42-44(46) ist ebenfalls ein herrschaftskritischer Vers, der staatliche Diktatur kritisiert, dagegen aber ein nicht-diktatorisches Miteinander im religiösen Raum empfiehlt. Unter historisch-kritischen Gesichtspunkten hält Bultmann dieses Logion für „unbestimmten Ursprungs“(47), Gnilka für „authentisches Jesusgut“(48).
Der Nachfolger des Judas wird durch das Los bestimmt (Apostelgeschichte (Apg) 1,23-26) – in alttestamentlicher Tradition.
Apg 15,6 trägt zum Frage nach einer demokratisch-synodalen(49) Kirchenleitung weniger bei, weil nicht klar ist, ob die πρεσβύτεροι auf demokratische Weise bestimmt wurden.
Apg 6,1-6: "Die 'Zwölf' ... reagieren ..., indem sie eine Vollversammlung der Gemeinde einberufen. Das dabei vorausgesetzte Modell gemeindlicher Verfassung dürfte kaum auf die Urgemeinde zurückgehen; es scheint eher die Praxis des Lukas widerzuspiegeln. ...Die Vollversammlung bestimmt durch Wahl die Träger innergemeindlicher Dienste"(50). Unabhängig von der Historizität wird von Lukas hier ein klar demokratisches Entscheidungsmodell angeboten.(51)
Nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem bildete sich die jüdische Identität um das jüdische Gesetz, die Torah. Ihre Auslegung ist bis heute das Ergebnis langer, auf Gleichheit beruhender Diskussionen der Rabbiner. Dann stellt sich die Frage, wie mit bleibenden Meinungsverschiedenheiten umgegangen wird.
In einer dazu lehrhaften Erzählung aus dem Babylonischen Talmud (Bava Mezia 59b) ruft bei einer solchen theologischen Meinungsverschiedenheit Rabbi Elieser die Stimme Gottes an, die unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen ihm Recht geben soll. Aber dabei wird deutlich, dass man die Entscheidung nicht mehr im direkten Reden Gottes suchen soll: "'Nicht im Himmel ist sie' ... Weil die Tora schon vom Berg Sinai her gegeben worden ist, haben wir nicht auf eine Himmelsstimme zu hören. Denn schon am Berg Sinai hast Du in der Tora geschrieben: 'Nach der Mehrheit ist zu entscheiden' ... der Heilige ... in jener Stunde .. sagte ihm: Nun, er hat gelächelt und gesagt: Meine Kinder haben mich besiegt"(52). Gottes Hochachtung für den ethischen Basiswert der Demokratie ist in dieser Erzählung also so groß, dass er lächelnd zulässt, wenn seine eigene Wahrheit einmal überstimmt wird. Klaus Wengst kommentiert diese rabbinische Darlegung: "Gott darf nicht für die bestimmte Auslegung eines Einzelnen allein beansprucht werden."(53) (S.u. Kap. 4 und 8.2..) - Die jüdisch-rabbinische Methode beim Umgang mit bleibenden Meinungsverschiedenheiten ist ganz wie in diesem Buch für den innerreligiösen Bereich gefordert: Demokratie (S. Kap.7..) mit Minderheitenschutz und größtmöglicher Einmütigkeit (S.u. Kap. 9.2..): "Das rabbinische Judentum hat ... die Mehrheitsentscheidung herausgestellt. Es hat aber zugleich auch ein charakteristisches Verfahren entwickelt, wie mit der unterlegenen Lehrmeinung umzugehen ist"(54), nämlich es hat "selbst in der Halacha, wo man sich ja schließlich entscheiden muss, ... auch die unterlegene Auslegung ihre Ehre."(55)
Hier ist auch Luthers gemeindedemokratische Schrift von 1523 zu nennen: "Das Recht der christlichen Gemeinde, die Lehre zu beurteilen und die Pfarrer zu berufen“, wenngleich die Tradition der lutherischen Kirche diese Linie erst wieder neu entdecken musste.
Nach CA 28 hat jeder Christ - analog zu demokratischen Grundsätzen - das Recht, geistliche Fragen zu beurteilen und den kirchlichen Amtsträgern zu widersprechen: „Wo sie aber etwas dem Evangelio entgegen lehren, setzen oder aufrichten, haben wir Gotts Befehl in solchem Falle, daß wir nicht sollen gehorsam sein“.(56)
In der Theologie der altprotestantischen Orthodoxie finden wir dagegen eine aristokratisch-oligarchische Leitungsstruktur durch die Amtsträger (doctores). Hutter bringt es auf den Begriff: "Nos vero contendimus, Formam Regiminis Aristocraticam esse optimam, et ecclesiae in his terris militanti rectissime competere."(57) "Quo modo primitiva Ecclesia ab Apostolis gubernata est, eodem omnibus temporibus ecclesia administrabitur. Atqui Aristocratice eam Apostoli gubernarunt."(58)
Im 19.Jahrhundert kam allmählich "in der Errichtung von Synoden als kirchenleitenden Organen der Grundgedanke einer Ordnung der Kirche von unten nach oben zum Ausdruck".(59) Die früheste Landeskirche mit demokratisch gewählten Synoden/Presbyterien: Es entstand in "Baden 1821... eine Presbyterial- und Synodalverfassung"(60),(61).
Ab 1918 "nahm die evangelische Kirche wesentliche Elemente der alten Synodalordnungen auf und lehnte sich im Übrigen an die Prinzipien der neuen demokratischen Staatsverfassung an."(62)
Demokratiekritische Positionen argumentieren oft mit den Erfahrungen des Kirchenkampfes, insofern dort bei demokratischen Wahlen die Deutschen Christen siegten. Jedoch wurden "die Wahllisten durch den jeweiligen Gauleiter festgelegt. Eine Wahl im eigentlichen Sinne fand .. in ganz Deutschland nicht statt."(63) In "der braunschweigischen Landeskirche gab es .. außer den DC ... keine weitere Liste. In Württemberg wurde die Sitzverteilung zwischen DC und Kirchenregierung vereinbart, so dass nur noch die Zustimmung zu geben war."(64) Es waren also nicht demokratische, sondern die "unter erheblichem staatlichen Druck durchgeführten 'braunen Synodalwahlen'".(65)
Man findet im evangelischen Raum bis in die Gegenwart sehr oft eine große Zurückhaltung gegenüber der kirchlichen Demokratie: Ein berühmt gewordenes Zitat von Wilhelm Maurer aus dem Jahr 1955 (66) wird bis in unsere Tage wiederholt wird: "'Niemand hat es bis heute fertiggebracht, ein demokratisch waltendes Kirchenregiment theologisch zu begründen.'".(67)
Ganz im Sinne der Position von Papst Franziskus(68) heißt es, dass in "der röm-kath. Kirche .. dagegen die Übernahme demokratischer Strukturen wegen der wesenhaften Verschiedenheit von Klerus und Laien unmöglich. Jede rechtsbedeutsame Teilhabe an der Leitungsgewalt ist ... an den Klerikerstand gebunden".(69)
Jedoch liest man auch Plädoyers für kirchliche Demokratie aus dem Mund von katholisch-liberalen Vertretern: Es "scheint das demokratische Prinzip der biblischen Vorstellung von der Kirche als dem Volk Gottes angemessener als ein hierarchischer Patriarchalismus".(70)
"Umfrage vom November ... der deutschen Katholikinnen und Katholiken ... 87 Prozent sind für demokratische Wahlen kirchlicher Führungspersonen" (Annette Zoch: Katholizismus. Von der Kirche zum Kirchlein, Süddeutsche Zeitung vom 20.2.2024, S. 4)
Die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken beschloss am 18./19.11 2016 die Erklärung "Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Handelns", wo es in Punkt 1.5. heißt: "Umgekehrt bedarf es innerhalb der Römisch-katholischen Kirche noch großer Anstrengungen, um Menschen, die auf allen Ebenen nach Formen der Partizipation und demokratischen Strukturen suchen, diesen Freiraum auch innerhalb der kirchlichen Strukturen zu bieten."
Wenn in der Kirche in den legislativen Gremien der Synoden und Kirchenvorstände und den exekutiven Gremien der Kirchen- und Gemeindeleitung Entscheidungen getroffen werden, dann ist die Kirche vor allem dem Regiment zur Linken (ecclesia late dicta, militans), der weltlichen, sünd- und mangelhaften Sphäre, zuzuordnen, in der sich Gottes Wirklichkeit und Wahrheit nicht unmittelbar verwirklicht, sondern sich bei ihren Gliedern nur gebrochen manifestiert.
Meinungsverschiedenheiten über geistlich entscheidende Fragen gäbe es im Regiment zur Rechten, der paradiesischen Sphäre, nicht, sondern nur Einmütigkeit. Manche kirchliche Demokratiekritiker setzen in ihrer Argumentation voraus, dass in der realen Kirche das Regiment zur Rechten bzw. die ecclesia vere sanctorum/triumphans vorherrscht.
Weil aber die Wirklichkeit des Regiments zur Linken vorherrscht, passt die Entscheidungsmethode der Demokratie, die nur bei Meinungsverschiedenheiten ihren Platz hat.(71)
Was von der Demokratie allgemein gesagt wurde, gilt grundsätzlich und zunächst einmal ohne Einschränkungen auch für die Kirche. Auf dieser ersten, formalen Ebene sollten sich der demokratische Staat und die Kirche nicht unterscheiden.
Man könnte einwenden, damit wäre die Kirche verweltlicht und die nötige Differenz wäre verkürzt. Es ist aber umgekehrt: Der demokratische Statt ist – zumindest implizit – aufgrund seiner Demokratie so vom christlichen Wesen durchzogen (unbeschadet der Tatsache, dass man auch ohne Glaubensvoraussetzung die Wahrheit dieser Methode erkennen kann (S.o. Kap. 3, Unterpunkt 3.1.)), dass die Durchführung einer fairen demokratischen (auch staatlichen) Abstimmung quasi ein impliziter, anonymer Gottesdienst ist.(72)
Theologisch sind diese Überlegungen auch im trinitarischen Wesen Gottes und in der Christologie gegründet, durch die eine disparate Trennung des Göttlichen und Weltlich-Menschlichen aufgehoben ist, und die menschliche und die göttliche Natur – bei aller notwendigen Unterscheidung - "untrennbar" miteinander verbunden sind.
Eine liberale katholische Stimme formuliert es so: "Demokratisches Dasein verträgt keine doppelte Anthropologie, d.h., ein Mensch kann nicht als Staatsbürger zwar in einem demokratischen, als Christ jedoch in einem absolutistisch-hierarchischem Gemeinwesen leben. Mitverantwortung im geistlichen u. umfassenden Sinn zu gewähren ist die notwendige Aufgabe der Kirche von morgen!"(73) Dann liegt zunächst nur ein Unterschied darin, dass im demokratischen Staat die christlichen Wurzeln implizit, in einer demokratischen Kirche aber explizit vorhanden sind. Das heißt, die Kirche sollte voll und ganz und durchgängig demokratisch organisiert sein.
Auch religiöse Wahrheitsansprüche werden nicht unmittelbar von Gott mitgeteilt, sondern vermittelt durch die Sprache von (gläubigen) Menschen. "Trifft es zu, daß vom Handeln der Kirche immer nur unter Bezug auf das Wirken bzw. Zusammenwirken menschlicher Subjekte konkret die Rede sein kann, dann gilt der Grundsatz, daß kirchliches Handeln nur dann als bestimmungsgemäß zu beurteilen ist, wenn es den Unterschied zwischen menschlicher Wirklichkeit und Wirklichkeit Gottes nicht aufhebt."(74)
Sehr oft treten auch im kirchlichen Raum Meinungsverschiedenheiten auf. Dabei "gibt es kein Verfahren, mit dessen Hilfe sich die Kirche im Einzelfall vergewissern könnte, welche von mehreren möglichen Entscheidungen nun die vom Heiligen Geist gebotene ist."(75) Dann erst kann die Demokratie auf den Plan treten. Nur sie trägt der Wahrheitsdifferenz des einzelnen Menschen und Christen gegenüber der absoluten Wahrheit (Gottes) Rechnung(76) und der Gleichheit, die aus der (geschöpflichen) Bezogenheit, Relationalität des Menschen zum anderen(77) folgt.
Sollte nun das Argument angeführt werden, die Demokratie selbst werde doch auch mit einem Wahrheitsanspruch vorgetragen, dann ist wie oben in Kapitel 5 (im Postmodernismus-Streit) zu antworten, dass dieser Wahrheitsanspruch ein vollkommen anderer als der Wahrheitsanspruch einer inhaltlicher Position ist, indem er - sozusagen auf einer Meta-Ebene - nichts anderes behauptet als die Vielfalt der Positionen, die dieser menschlichen Wahrheit Gottes widerspiegelt.
Auch in der Kirche gilt die formallogische Einsicht, dass – mit Ausnahme des Losverfahrens – die einzige Alternative zur Demokratie die Diktatur ist.
Gemeindliche Demokratie findet ihren kirchlich-sprachlichen Ausdruck unter anderem im Priestertum aller Gläubigen. Genau wie die staatliche Demokratie nur mit einem verfassungsrechtlichen Wahrheitsanspruch und damit in einem strukturellen Rahmen verwirklicht werden kann(78), so braucht auch kirchliche Demokratie und das Priestertum aller Gläubigen eine solche Struktur. Das sind natürlich die Kirchenverfassung, die Synode, aber gerade auch die kirchlichen Ämter. Die Aufgabe des exekutiven Amtes ist es auch, die synodalen, gesamtkirchlichen Beschlüsse gegen einzelne undemokratische Personen zu verteidigen, also kirchenrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn diese demokratischen Entscheidungen missachtet werden. Denn es „darf dort, wo mehrere Christen zusammen sind, nicht einer sich das nehmen, was allen gehört.“(79) Da wo die Kirche als Gemeinschaft aller spricht, kann nicht jeder beliebig als ihr Sprecher, Pfarrer auftreten, sondern die Kirche muss demokratisch entscheiden, wer sie öffentlich vertritt. Deshalb „ist es um der Liebe und der Ordnung willen notwendig, daß Christen darüber eins werden, wem sie die Wahrnehmung der öffentlichen Verkündigung und Gemeindeleitung übertragen wollen, ohne daß sie dadurch selbst aufhören, Priester zu sein."(80)
So wie - wie in Kapitel 5 gezeigt - die Demokratie als Struktur etabliert sein muss, diese Struktur aber nichts anderes verwirklicht als die Vielfalt der Demokratie - so muss das Amt, das aufgrund der Vielfalt der getauften Priester als Struktur der Einheit erforderlich wird, genau und nicht mehr als die Ermöglichung dieses Priestertums aller Getauften zum „Inhalt“ haben, nämlich „dass das besondere Amt der Kirche, welches durch die Ordination vermittelt wird, seinem Wesen und seiner Eigenart nach ganz im Dienst der Realisierung des Priestertums aller Getauften steht."(81)
Dabei ist die ständige demokratische Fundierung und Kontrolle des kirchlichen Amtes entscheidend, um die kirchliche Demokratie zu sichern und zu verwirklichen: „Die Landessynode hat in allen kirchlichen Fragen die letzte Entscheidung. Ihr sind die anderen Organe für ihre Amtsführung verantwortlich."(82) Letztlich sollte deshalb der EKD-Ratsvorsitzende analog zum Amt der Kanzlerin, die Landesbischöfin analog zum Ministerpräsidenten und der Pfarrer analog zur Bürgermeisterin gesehen werden. Entsprechendes soll dann für die legislativen Gremien gelten: Die Landessynode ist analog zum Landtag, der Kirchenvorstand analog zum Gemeinderat zu sehen,…
Die Bibel kennt das Gebet um Gottes Eingreifen im Losverfahren(83). So sympathisiert Slenczka damit, daß im Falle von "Polarisierungen bei Personalentscheidungen ... bei gemeinsam geprüfter Qualifikation die letzte Entscheidung durch das Los im Gebet gefällt wird."(84)
Dies wäre in der Tat eine 3.Methode(85) neben den sonst kontradiktorischen Alternativen von Demokratie und Diktatur. Allerdings wird diese Methode kaum Anhänger für den durchgängigen kirchlichen Gebrauch finden.
Noch in diesen Jahren gibt es Stimmen, die Demokratie nicht als eine genuine und notwendig aus dem christlichen Glauben folgernde Entscheidungsmethode ansehen(86), ihr deshalb im staatlichen Raum zurückhaltend-positiv, neutral oder sogar gleichgültig gegenüberstehen und gegenüber ihrer Anwendung im kirchlichen Bereich sehr zurückhaltend sind: „Demokratisierung der Kirche kann jedenfalls kein Selbstzweck sind und ist kein Wert an sich.“(87) – „Es ist sehr genau zu prüfen, ob und wieweit die Übertragung des politischen Modells der Demokratie auf andere Lebensbereiche wie … Kirche … möglich ist.“(88)
Demgegenüber vertrete ich hier die Meinung, dass Demokratie einen Wert an sich darstellt, einen absoluten Rang hat(89), weil sie als notwendiger Kernwert und Kernmethode nicht nur aus einer allgemein-philosophischen Wirklichkeitsanalyse, sondern speziell auch aus der christlichen Ethik folgt.(90) Das ökumenische Papier „Demokratie braucht Tugenden“ stellt in dieser Perspektive eine besondere Nähe zwischen der Demokratie und dem christlichen Menschenbild her(91). Insofern verbietet sich in der Tat eine „doppelte Anthropologie“(92) im Blick auf Kirche und Staat.
Anders als bei den weiteren Punkten in diesem Kapitel (ab 8.2.), die sich kritisch mit der Demokratie innerhalb der Kirche befassen, betrachet der kritische Einwand hier in Kap 8.1. Demokratie im staatlichen und kirchlichen Bereich: "Die Werte, auf denen die Demokratie ... beruht, werden durch einen moralischen Glauben erkannt: Sie sind nicht rational zu begründen“(93). Dieser Einwand erscheint auf den ersten Blick differenziert und kritisch. Er behauptet aber mit dem scheinbar kritischen Moment des "moralischen Glaubens" eine axiomatische, der Rationalität entzogene, vordemokratische Dimension: Dieser "moralische Glaube" braucht eine außerhalb der Gruppe gleichberechtigter Menschen (Christen, die z.B. paritätisch in einer Synode repräsentiert werden) stehende Institution, die ihn autoritär definiert, weil diese von sich eine besondere Unmittelbarkeit zur (göttlichen) Wahrheit behauptet (also z.B. das Papstamt). Damit existiert die behauptete Demokratie nicht, sondern ist mehr oder weniger durch diese externe, vorgeschaltete Begründung ausgeschaltet.
Stattdessen wurde eine axiomfreie rational-ethische Begründung von Demokratie schon entfaltet, und zwar zunächst durch ihre Fundierung in der Gleichheit der Menschen (Kap 2.), die ihrerseits wiederum rational begründbar ist (Kap 3. und besonders Anmerkung 9).
Ein weiteres christliches Argument gegen die demokratische Methode in der Kirche ist die fehlende Einmütigkeit: Demokratische Entscheidungen beinhalten eine bestimmende Mehrheit und überstimmte Minderheiten, letztlich also einen Dissens. Wahrheit und vor allem Glaube aber sind nur ein einziges, und deshalb gehöre zur (christlichen) Wahrheit die Einheit ("dass sie alle eins seien" (Johannesevangelium 17,11)) Hier wird damit argumentiert, „Demokratie sei Herrschaft, Kirche aber baucht die bessere, einmütige Geschwisterlichkeit.“(94)
Die in der Stimmenauszählung dokumentierte Unterscheidung in Mehrheit und Minderheit passe nicht zur Kirche: "Wo im geistlichen Bereich Stimmen ausgezählt werden müssen, ist etwas falsch gelaufen"(95). Auch die staatlich-demokratische Anerkennung eines Dissenses durch die Zuteilung wichtiger parlamentarischer Rechte an die Opposition passe nicht zur Kirche: "So wichtig auch die Opposition in der weltlichen Demokratie sein mag ..., in der Kirche ist sie ... fehl am Platz. Hier sei an die Mahnung des 1.Korintherbriefes zur Einheit erinnert."(96)
Diese Feststellungen sind alle wahr und wichtig. Sie sind aber keine Argumente gegen eine vollständige Demokratisierung der Kirche und auch nicht für eine nur eingeschränkte kirchliche Demokratie. Einmütigkeit ist das biblische, paradiesische und kirchliche Ideal. Wo sie herrscht, ist eine wichtige Voraussetzung der ecclesia vera und stricte dicta gegeben, und Demokratie ist dann nicht erforderlich.
Demokratie setzt erst bei bleibenden Meinungsverschiedenheiten ein(97). Wenn es also zur Zeit nicht möglich ist, diese ecclesia vera zu verwirklichen und wir es mit der ecclesia late dicta(98) zu tun haben, dann stellt sich die Frage nach dem Umgang der unterschiedlichen, sich auf die Glaubenswahrheit berufenden Menschen und Gruppen und ihre Machtverhältnisse untereinander. Dann ist die Demokratie die Methode, die der christlichen Ethik am meisten entspricht.(99)
Um das Ziel der Einmütigkeit z.B. bei synodalem Dissens zu erreichen, ist grundsätzlich ein Verhalten gut, bei dem es darum geht, "nicht ... den Gegner zu besiegen, sondern den Bruder in Christus zu gewinnen und festzuhalten."(100) Da dieser Satz aber mit einer demokratiekritischen Absicht geschrieben wurde, ist mit oben genannten Argumenten zu fragen, was zu tun ist, wenn man „den Bruder dauerhaft nicht gewinnen kann“. So scheint der Satz versteckte sprachliche Herrschaftsansprüche zu enthalten, insofern das „Gewinnen“, „Überzeugen“ nur in einer Richtung, nämlich hin zur eigenen (für göttlich wahr gehaltenen) Position gedacht wird – im Gegensatz zu einem herrschaftsfreien, auf Gleichheit beruhenden Dialog.
Hier werden kirchendemokratie-kritische Positionen zusammengefasst, deren Ansichten insofern dieselbe theologische Grundstruktur haben, als sie meinen, dass demokratisch-menschliche Entscheidungen der monarchischen Souveränität Gottes widersprechen. Etwas vereinfacht könnte man die Frage formulieren: "Entscheiden Menschen oder Gott in der Kirche?" - "Ist das Göttliche oder das Weltlich-Menschliche in der Kirche bestimmend?"
Eine solche kritische Stimme behauptet, es seien (demokratische) "Synoden nicht von ihrem geistlichen Wesen her bestimmt, sondern in Analogie zu den staatlichen Verfassungen"(101), und es sei eine solche "Synode ... ungeistlich und säkular"(102).
Konkretisiert wird - noch in einer Promotion aus dem Jahr 2010 - diese der Demokratie scheinbar entgegenstehende göttliche Dimension unter Bezug auf die Autorität der göttlichen Bibel: "Die Vereinbarkeit von Volkssouveränität und Kirche scheitert bereits daran, dass die Kirche an ihren Auftrag, an Bibel und Bekenntnis gebunden ist."(103) - Und selbst in einem kirchendemokratie-freundlichen Aufsatz liest man noch im Jahr 2013: Es sei: „der Kirche in der Bindung an das Wort Gottes – die völlige Übernahme des demokratischen Strukturprinzips verwehrt.“(104)
Eine analoge Argumentation finden wir bei der Frage nach dem Souverän bei der Einsetzung kirchlicher Amsträger: "Die evangelische Seite darf das Pastorenamt nicht als Delegation der Gemeinde, sondern muß es als institutio Jesu Christi verstehen, ... als deren apostolische Repräsentanz der Gemeinde als ganzer vorgeordnet."(105) Härle fasst diese Positionen zusammen: "Dieser Auffassung zufolge entstammt das besondere Amt nicht der Gemeinde, sondern steht ihr als eine besondere Stiftung Jesu Christi von Anfang an gegenüber."(106)
In diesem Sinne äußern sich auch katholische(107) Stimmen, vor allem auch Papst Franziskus 2014 mit der Bemerkung, Bischöfe würden durch den Heiligen Geist berufen, aber nicht durch Menschen mit einer Mehrheitsentscheidung.(108)
Zusammengefasst wird kritisiert, dass "Mehrheitsbeschlüsse im Namen der Kirchen handeln sollen'. Geistliche Entscheidungen jedoch könnten nur von einzelnen gefällt werden."(109)
Der theologische Kern der Argumentation ist die wichtige Feststellung, dass Gott und seine ewige Wahrheit das Fundament der Kirche und kirchlicher Entscheidungen sein sollen und nicht menschlich-weltliche, aus dem Moment geborene Positionen. Macht man diese kritische Position stark (Das wird im folgenden Kapitel geschehen.), dann ist jedoch der Begründungszusammenhang für eine demokratisch-synodale Kirchenleitung selbst in keiner Weise tangiert, geschweige denn widerlegt, und andere Methoden als die demokratische, also diktatorische sind hiermit nicht begründet. Dass Gott durch den Heiligen Geist regieren soll, beinhaltet in keiner Weise, dass der Heilige Geist sich nur bei einzelnen oder einer Minderheit findet ("In der katholischen Kirche entscheidet nicht die Mehrheit, sondern der Heilige Geist, pflegen jene in der Kirche zu sagen, die offene Diskussionen nicht wollen. Als ob damit ausgemacht sei, dass Geist ihnen ums Haupt flattert."(110)). Kurz gesagt: Der Glaube an die Souveränität Gottes stellt grundsätzlich keinen Widerspruch zur demokratischen Entscheidungsmethode dar, die hier gerade als Ausdruck christlichen Glaubens und Ethik entfaltet wurde. Die monarchische Autorität Gottes und die demokratische Entscheidungsvollmacht der ganzen Gemeinde sind keine Gegensätze, sondern gehören stattdessen direkt zusammen.
Ebenso sind die kirchlichen Ämter von Gott, von Christus eingesetzt, aber eben als demokratische. Liberale katholische Stimmen vertreten auch diese Position: "Die Tatsache, daß die kirchliche Vollmacht von Gott und nicht vom Volk ausgeht, schließt nicht aus, daß die jeweiligen Inhaber der kirchlichen Vollmacht auf demokratische Weise bestellt, kontrolliert und mitwirkend begleitet werden. ... kann im Durchschnitt der Fälle so eher dem Willen Gottes entsprochen werden, besonders dann, wenn andernfalls religiöse oder sonstige Egoisten ... einen überdurchschnittlichen Einfluß auf die Bestellung von kirchlichen Ämtern und deren Ausübung besitzen."(111)
Auch hier gilt das schon Entfaltete: Der Wille des souveränen Gottes, auch im Blick auf die Besetzung kirchlicher Ämter begegnet uns nicht unmittelbar, sondern nur vermittelt durch die Sprache verschiedener Menschen(112). Wenn verschiedene Menschen unter Berufung auf Gott unterschiedliche Meinungen vertreten, ist durch die Berufung auf die Souveränität Gottes eine Meinungsverschiedenheit nicht hinreichend entschieden. Dann stellt sich wiederum die Frage: Wie gehen wir damit um – demokratisch oder hierarchisch-diktatorisch?(113)
Analysiert, dekonstruiert und kritisiert werden muss dagegen die Folgerung, dass aufgrund der - unbestrittenen - Souveränität Gottes (als Voraussetzung) der Schluss gezogen werden müsse, dass Demokratie in der Kirche eingeschränkt oder abgelehnt werden muss. Dieser Schluss beruht auf der – manchmal impliziten – Behauptung eines Kirchenmitglieds, es bestünde keine Gleichheit zwischen den Kirchenmitgliedern, und er hätte einen besseren, weil unmittelbareren Zugang zur Wahrheit der göttlichen Souveränität als andere. Deshalb müsste und könnte er (oder eine Minderheiten-Gruppe) Entscheidungen treffen, ohne auf die demokratische Mehrheit zu hören: eine religiös verschleierte Diktatur, die sich in der Behauptung zeigt, dass "geistliche Entscheidungen .. nur von einzelnen gefällt werden"(114) können.
Ein - praktisches – weiteres Argument für eine hierarchische Kirchenstruktur ist nun überhaupt nicht schlüssig: In einer hierarchischen Kirchenstruktur könnten doch die mit undemokratischen Vollmachten ausgestatteten Amtsträger auf die Mitglieder hören, Beratungsgremien einrichten und somit das demokratische Element verwirklichen. Dabei wird übersehen, dass der Grundakt, von dem alles weitere abhängt, in der diktatorischen Vollmacht des Amtsträgers liegt: Er entscheidet, wann und in welchem Umfang er die Mehrheitsstimme der Gemeinde berücksichtigt. Letztlich ist er wiederum der, der alles alleine entscheidet, und die demokratische Mitsprache hängt von seiner „Gnade“ ab. Wie in einer mathematischen Klammer steht vor allen Akten der Gemeindebeteiligung das Minus des undemokratischen letzten Wortes des Amtsträgers. Wie schon in Kapitel 2 und 8.1. dargelegt, ist in Fällen der Einmütigkeit Demokratie gar nicht erforderlich. Die problematischen Situationen sind diejenigen bleibender Meinungsverschiedenheiten. Wenn dann ein Amtsträger das letzte Wort hat, dann hat er alle Möglichkeiten, den Ausgang des Konfliktes nach seinem Willen zu entscheiden.
Nun könnte argumentiert werden, dass zwar der Staat auf allen Ebenen demokratisch organisiert sein müsse, da die Bürger ihm nicht entkommen können(115). Die Kirche sei aber nur eine Gruppe im Staat, und wem ihre hierarchisch-diktatorische Struktur nicht passe, der könne austreten, und schon dadurch bewege er sich durchgängig im demokratischen Raum.
Umgekehrt sei – wenn man sich in einem Staat mit Religionsfreiheit bewege und jederzeit austreten können – die fortgesetzte Kirchenmitgliedschaft nichts anderes als ein impliziter demokratischer Akt der Zustimmung zu dieser Kirche(116) auch mit ihrer z.B. hierarchisch-diktatorischen Struktur. Damit seien (wie bei einem mathematischen Klammerausdruck) alle weiteren undemokratischen Akte dieser Kirche mit einem grundlegenden Demokratie-Plus-Vorzeichen versehen und letztlich eben doch demokratisch. Dieses Argument enthält eine gewisse Plausibilität.
Trotzdem ist damit in keiner Weise begründet, warum nach dem ersten demokratischen Akt der Mitgliedschaft selbst die weiteren Vollzüge in der Kirche undemokratisch ablaufen sollen.
Auch muss dann deutlich darauf hingewiesen werden, dass im Unterschied zu durchgängig demokratisch organisierten Kirchen in dieser Kirche ein echter demokratischer Akt nur am Anfang steht und die Mitglieder sich freiwillig einer undemokratischen Hierarchie unterwerfen.
Nun ist natürlich eine Kirchenverfassung denkbar, in der die Kirchenverfassung klar abgegrenzte Teile des kirchlichen Lebens der demokratischen Entscheidung der Gemeindeglieder zuweist, zum Beispiel den Finanzsektor im Unterschied zu dogmatischen Fragen. Aus der hier dargelegten Position der christlich-ethischen Maxime der Demokratie wird man die demokratischen Teilbereiche begrüßen und die undemokratischen Teilbereiche einer Kritik mit dem Ziel unterwerfen, sie auch noch zu demokratisieren.
Auch ist diese Form kein Beleg dafür, dass es eine Mischung aus Diktatur und Demokratie geben kann, denn in den jeweiligen Teilbereichen herrscht eben entweder komplette Demokratie (hier: Finanzen) oder komplette Diktatur (hier: Dogmen).
Im Folgenden wird deutlich werden, dass die spezifische Differenz kirchlicher Demokratie zum Staat nicht in einem Gegensatz besteht, sondern nur in einer Ergänzung, in der dann die säkular-weltliche Demokratie "aufgehoben" ist. Dementsprechend soll die Besonderheit einer kirchlichen Demokratie gegenüber dem Staat nicht darin liegen, dass die Mehrheitsstimme der Gemeinde nur beratend zu hören ist oder dass man Demokratie nur in Teilbereichen zulässt.
Nein, auf der Grundlage einer vollen und uneingeschränkten formalen Demokratie auf der ersten und formalen Ebene - wie im demokratischen Staat – zeigen sich im weiteren demokratischen Vollzug, analytisch gesprochen auf der nächsten Ebene des demokratischen Vollzugs, besondere christliche Aspekte, christlich-theologische Leitlinien. Allerdings ist nun verhindert, dass die Berufung auf Jesus Christus zur Ablehnung von Demokratie führt und zur Durchsetzung eigener undemokratischer Machtansprüche instrumentalisiert werden kann.
Die Orientierungspunkte für einen Christen (Kirchenvorsteher, Synodaler,....) bei einer kirchlichen Abstimmung sind letztlich die Grundlagen des Glaubens und Bekenntnisses und vor allem der christlichen Ethik. Aber auch deren genaue Auslegung und Anwendung sind sehr umstritten, je mehr man ins Detail geht, weshalb dann auch darüber nur demokratisch abgestimmt werden kann.(117)
Deshalb möchte ich hier die spezifisch christlichen Abstimmungs-Leitlinien so allgemein wie möglich halten, damit sie weitestgehend konsensfähig sind.
Diese Leitlinien sind im Kern orientiert an der unüberbietbaren Allgemeinheit, der Ewigkeit, der Dauerhaftigkeit des Wesens Gottes, während ein politischer Wähler, Abgeordneter sich von endlichen Gesichtspunkten leiten lassen kann, z.B. von zeitlich aktuell momentanen Überlegungen oder auch von partikularen Gruppen-/Lobby-/National-/Kontinent-Interessen.
Folgende Punkte spiegeln die Ewigkeit Gottes unter den Bedingungen der diesseitigen ecclesia militans bestmöglich wieder: "Tradition", "Einmütigkeit" und "Ökumene".
Das zeitlich Absolute wird Ewigkeit genannt, und die Tradition kommt dieser näher als die Abstimmung aufgrund einer kurzfristigen Perspektive.
Die in der Kirche Abstimmenden sollen nicht nur den zeitlich-aktuellen Moment im Blick haben, sondern die Allgemeinheit Gottes in zeitlich-historischer Gesamt-Perspektive, also in Geschichte und Tradition ihrer Kirche.
Hier kann auch eine höhere Mehrheitshürde (z.B. 2/3-Mehrheit bei grundsätzlichen Änderungen der Kirchenverfassung, Abwahl des Bischofs, ...) diese Stetigkeit gewährleisten und trotzdem demokratische Grundsätze beachten.
Die Kapitel 9.2. und 9.3. zielen darauf ab, die Absolutheit Gottes sozusagen räumlich widerzuspiegeln,
insofern innerhalb einer Kirche die Mehrheitsgruppe den Raum ihres Abstimmungs-Blickwinkels
- zum einen auch auf die Minderheitengruppen erweitert (9.2.) und
- zum anderen auch auf die weiteren Kirchen weltweit (Ökumene) (9.3.).
Es geht in diesem Kapitel um die ethische Leitlinie der größtmöglicher Einmütigkeit, so dass möglichst wenige Individuen ausgeschlossen sind. Einmütigkeit, also der Zustand, in dem alle Gemeindeglieder die eine Wahrheit erkennen, ist ein paradiesischer Zustand der ecclesia triumphans. Hier im Kapitel 9.2. wird auch das Bestreben ausgedrückt, doch möglichst viel von der ecclesia triumphans, möglichst viel präsentisches Reich Gottes (zur Rechten) zu verwirklichen(118), auch wenn sich Einstimmigkeit oder große Mehrheiten nur ab und zu erreichen lassen. (Der umgekehrte Schluss wäre ein logischer Fehler, dass jede Einstimmung ein hinreichendes Zeichen für das vollkommene Wirken des Heiligen Geistes in der Synode ist.)
Die Annäherung an das Ziel der Einmütigkeit findet sich auch im Grundsatz des magnus consensus(119). Damit ist ein Wahrheitsmoment der kirchlichen Demokratiekritiker(120) aufgehoben (einerseits aufbewahrt und gewürdigt; andererseits eben nur auf der zweitobersten Stufe gewürdigt, und insofern ist ihr fundamentaler, antidemokratischer Ansatz aufgehoben im Sinne einer Beseitigung. Aufgehoben im Sinne eines höheren, würdigeren Platzes ist ihr durchaus geistliches Anliegen der Einmütigkeit nun insofern, als diese geistliche Einheit erst ihren vollen Wert entfaltet, wenn sie nicht per Leitungsmacht, sondern aus persönlicher Überzeugung durch demokratische Entscheidungen möglichst vieler Gemeindeglieder zum Tragen kommen.).
Der Politiker und kirchliche Synodale Gustav Heinemann formulierte 1971: "Das Überstimmen von Minderheiten kann darum auf einer Synode nur ultima ratio sein."(121) Dieses kirchliche Einmütigkeitsprinzip entspricht auch einem Grundsatz im Konzept einer gemeinschaftsbezogenen "starken Demokratie" des Politologen Benjamin Barber.(122)
Jedoch ist hier immer Wachsamkeit geboten. Wer den ethischen Wert von Einheit/Brüderlichkeit verwendet, könnte diesen auf subtil-implizite Weise wiederum auf die oberste Stufe setzen und dies mit der Absicht tun, seine Position kompromisslos durchzusetzen, indem er das Gegenüber unter den moralischen Druck setzt, doch in Beachtung christlicher Einmütigkeit sich seiner Position anzuschließen. Die „Terminologie von … Brüderlichkeit ist eine durchaus zweideutige Sache. Sie ist gut und richtig, wenn damit an den Sinn der Kirchenleitung … erinnert wird. Sie wird problematisch, wenn dadurch verschleiert wird, daß auch in Kirchen Macht ausgeübt wird.“(123)
Das räumlich Absolute wird Unendlichkeit genannt, und eine weltweite Perspektive kommt dieser näher als eine lokale oder nationale. Der kirchlich Abstimmende und Delegierte
soll bei seinen Entscheidungen die Christen in anderen Lebenswelten und Lebensräumen beachten: "Das Problem des magnus consensus ... hat .. . auch eine Außenseite, und da geht es
um das Gespräch mit der Ökumene insgesamt."(124)
Wendt betont "die ökumenische Bezogenheit jeder partikular-kirchlichen Synode, ihre an der Einheit des Leibes Christi ... orientierte Funktion im Verhältnis der
örtlichen zu denn überörtlichen ecclesiae particulares und zur ecclesia universalis hin."(125)
Da die drei Leitlinien nicht identisch sind mit der ewigen Wahrheit Gottes, könnten sie im Extremfall zu Fehlurteilen führen und müssen dann vom Abstimmenden vollkommen übergangen werden, z.B. wenn der Abstimmende zur Überzeugung kommt, dass in einer Frage die bisherige Tradition, die Mehrheit der gegenwärtigen Kirchen weltweit oder gewichtige Minderheiten der eigenen Synode/Kirche im Gegensatz zur Wahrheit Gottes stehen (z.B. der Umgang mit Sklaverei, Frauen und Queers/Homosexuellen in der Kirchengeschichte).
Der im kirchlichen Raum oft kritisierte sogenannte "Zeitgeist" ist hierbei irrelevant und neutral gegenüber der Wahrheit. Das heißt, weder ist der Zeitgeist irgendwie Abstimmungsleitlinie noch bedeutet die Leitlinie der Tradition, dass der Zeitgeist immer abzulehnen ist, z.B. kann gerade der Zeitgeist die Wahrheit vertreten, wenn die Tradition bisher irrte. Es darf also keine Normativität des Historischen geben, und die Geschichte ist kontingent gegenüber der Wahrheit.
Damit der Basiswert von Gleichheit/Demokratie nicht zerstört wird, können diese allgemein verbindlichen Leitlinien nicht als undemokratische Verordnung durchgesetzt werden, sondern nur "sine vi humana, sed verbo"(126) als Appell den Abgeordneten der Synode vorgetragen werden. Der Form des Appells entspricht besonders die Form der Predigt, weshalb es in der ELKiB z.B. gesetzlich vorgeschrieben ist, eine Kirchenvorstandssitzung mit einer Andacht zu beginnen(127) und ein Gottesdienst zu Beginn jeder Synode gefeiert wird.
Dieser Artikel gibt grundsätzliche theologische Antworten und damit auch Zielvorgaben für die Praxis, was Aufgabe jeder Theorie ist.
Eine weitere Frage ist es, wie das als wahr Erkannte praktisch verwirklicht werden kann. Um das als wahr Erkannte endgültig praktisch zu verwirklichen, wäre es das Ideal, alles sofort zu praktizieren, also auf einen Schlag undemokratische Strukturen zu demokratisieren. Dass dies nicht unbedingt weise ist und das endgültige gute Ziel behindern kann, zeigt die historische Praxis.
Im staatlichen Bereich bietet Indien (auch Brasilien) als größte Demokatie der Welt zwar ein praktisches Beispiel dafür, dass es praktikabel und erfolgreich sein kann, von einem Tag auf den anderen (1947 seit der Unabhängigkeit) die volle Demokratie einzuführen. Misslungene Beispiele z.B. in Zimbabwe oder jüngst einigen arabischen Staaten zeigen aber, dass es manchmal zielführender sein kann, schrittweise vorzugehen, wie wir es derzeit z.B. in China oder auch in Marokko erleben.
Im kirchlichen Raum müsste vermutlich eine unmittelbare Demokratisierung in den durch vielfältige (auch gesellschaftliche) hierarchische Traditionen geprägten (meist orthodoxen) Kirchen des Nahen Ostens viel langfristiger angelegt werden als bei den von Basisgemeinden geprägten Christen Lateinamerikas, bekanntlich der Heimat von Papst Franziskus.
An einem fiktiven Beispiel sollen noch einmal die Prioritäten und Verhältnisse zugespitzt werden: Wenn es eine Weltsynode der Christenheit mit demokratisch gewählten Vertretern gäbe und an diese appelliert/gepredigt wurde, bei Ihren Entscheidungen, die Ewigkeit/Allgemeingültigkeit der göttlichen Glaubenswahrheit in Raum und Zeit zu beachten, dann müssen ihre Entscheidungen verbindlich sein und von den Amtsträgern (einschließlich eines eventuell die Weltkirche vertretenden Bischofs/Papstes) vertreten werden, selbst wenn es denkbar ist, dass die Mehrheit der Synodalen Gottes Wahrheit verfehlt hat.
Vgl. die Einbindung dieses Themas in eine allgemeine, umfassende Theorie und systematische Philosophie (der Wirklichkeit) und Theologie:
Christlicher Glaube und christliche Ethik unter Einbeziehung postmoderner Relativität, Kapitel 2.4.4.1.2.1. Demokratie.
So besteht das Endliche und auch das Ich des endlichen Menschen - unabhängig und gerade im Unterschied zum anderen, - andererseits bedingen sich das Ich und das andere notwendig und befinden sich in einer beständigen Beziehung, in einer beständigen Wirklichkeit des Übergehens.
Aus der allgemeinen Wirklichkeit, Ontologie des Übergehens folgt als ethischer Grundsatz, der dieser Wirklichkeit entspricht , die Maxime der Rücksichtnahme, die besagt, dass sich das Ich sich selbst zuwenden soll, aber ebenso dem anderen.
Der ethische Grundsatz der Rücksichtnahme beinhaltet weiter entfaltet: Bezogenheit auf das andere, Achtung des anderen, was wiederum Freiheitsermöglichung und geringstmöglichem Zwang gegenüber dem anderen beinhaltet. Auf der anderen Seite schließt dieser Grundsatz Selbstherrlichkeit, Abschottung gegenüber dem anderen und Überheblichkeit aus. Diese Werte beinhalten nun ganz grundlegend, den anderen Menschen in gleicher Weise (nicht geringer, auch nicht höher) wie sich selbst zu behandeln, und ihn also als gleich, gleichwertig, gleichberechtigt anzusehen.
Die Gleichheit der Menschen ist aber der entscheidende Wert, aus dem notwendigerweise die Demokratie abzuleiten ist, denn das Grundprinzip der Demokratie besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied die gleiche Stimme bei Entscheidungen hat.
Die induktive Analyse der Wirklichkeit (als Übergehen) ist nahezu identisch mit der trinitarischen Grundwirklichkeit, insofern die trinitarischen Personen als ewige Pluralität sich in einem dauernden Übergehen befinden (und damit natürlich die Grundlage und den Maßstab für das Übergehen in der endlichen Wirklichkeit legen). Insofern laufen die axiomfreien philosophischen Gründe für die ethischen Werte von Gleichheit und Demokratie parallel mit theologischen und dogmatischen Gründen.
2. In einem zweiten Gedankengang kommen wir erkenntnistheoretisch ebenso zum Wert der Gleichheit. Skeptizistisch ist festzustellen, dass empirische Erkenntnissen keine vollständige Sicherheit bieten, weil aus der Vielzahl der Zusammenhänge und beeinflussenden Faktoren immer nur ein Teil berücksichtigt werden kann (Zum Beispiel lehrt die Relativitätstheorie, dass Zeit, die bis vor kurzem von der Menschheit als objektiv-eindeutige Größe angesehen wurde, eine relative (abhängig von der Geschwindigkeit der Subjekte) und keineswegs eindeutige Größe ist.). Die Erkenntnis, dass die (vollständige) Wahrheit immer außerhalb von mir ist, verbietet es jedem Menschen trotz seines vielleicht großen „Wissens“ von endlich-empirischen Dingen sich in monarchischer oder aristokratischer Herrschaftsabsicht über den anderen zu stellen . Stattdessen haben wir hier einen zweiten Grund dafür, den Mitmenschen - aufgrund der allgemeinen menschlichen Wisensbegrenzung/Unwissenheit - als gleich, gleichwertig, gleichberechtigt anzusehen, und es ist damit ein zweiter Grund für den grundlegenden ethischen Wert der Gleichheit.
Analog zum Skeptizismus im Blick auf die endlichen Dinge und das Wissen um die volle Wahrheit außerhalb des Menschen - führt der monotheistische Glaube an einen absoluten Gott, der die volle Wahrheit außerhalb des Menschen enthält, zu Gleichheit und Demokratie. In dieser vollständigen Sicht ist der Monotheismus also gerade nicht die Ursache für Gewalt, Unterdrückung und eine antidemokratische Staatsform (was nichts anderes ist als purer Atheismus als Selbstzentrierung und Selbstverherrlichung des menschlichen Subjektes in manchmal frommem, monotheistischen Tarnkleid), sondern gleichheitsorientiert und demokratisch der Gegenpol von Diktatur.
Es wurde deutlich, dass Gleichheit und die demokratische Verhaltensmaxime ein rational begründbarer ethischer, allgemeingültiger , vor-empirischer, formaler Wert an sich ist, der außerdem nur existieren kann, wenn er allein auf der obersten ethischen Hierarchie-Ebene steht.
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Stand: 26. Oktober 2022
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Im Folgenden erhalten Sie eine Übersicht der Rechtsgrundlagen der DSGVO, auf deren Basis wir personenbezogene Daten verarbeiten. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass neben den Regelungen der DSGVO nationale Datenschutzvorgaben in Ihrem bzw. unserem Wohn- oder Sitzland gelten können. Sollten ferner im Einzelfall speziellere Rechtsgrundlagen maßgeblich sein, teilen wir Ihnen diese in der Datenschutzerklärung mit.
Zusätzlich zu den Datenschutzregelungen der Datenschutz-Grundverordnung gelten nationale Regelungen zum Datenschutz in Deutschland. Hierzu gehört insbesondere das Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz – BDSG). Das BDSG enthält insbesondere Spezialregelungen zum Recht auf Auskunft, zum Recht auf Löschung, zum Widerspruchsrecht, zur Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, zur Verarbeitung für andere Zwecke und zur Übermittlung sowie automatisierten Entscheidungsfindung im Einzelfall einschließlich Profiling. Des Weiteren regelt es die Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses (§ 26 BDSG), insbesondere im Hinblick auf die Begründung, Durchführung oder Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen sowie die Einwilligung von Beschäftigten. Ferner können Landesdatenschutzgesetze der einzelnen Bundesländer zur Anwendung gelangen.
Wir treffen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten und des Ausmaßes der Bedrohung der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.
Zu den Maßnahmen gehören insbesondere die Sicherung der Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Daten durch Kontrolle des physischen und elektronischen Zugangs zu den Daten als auch des sie betreffenden Zugriffs, der Eingabe, der Weitergabe, der Sicherung der Verfügbarkeit und ihrer Trennung. Des Weiteren haben wir Verfahren eingerichtet, die eine Wahrnehmung von Betroffenenrechten, die Löschung von Daten und Reaktionen auf die Gefährdung der Daten gewährleisten. Ferner berücksichtigen wir den Schutz personenbezogener Daten bereits bei der Entwicklung bzw. Auswahl von Hardware, Software sowie Verfahren entsprechend dem Prinzip des Datenschutzes, durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen.
TLS-Verschlüsselung (https): Um Ihre via unserem Online-Angebot übermittelten Daten zu schützen, nutzen wir eine TLS-Verschlüsselung. Sie erkennen derart verschlüsselte Verbindungen an dem Präfix https:// in der Adresszeile Ihres Browsers.
Im Rahmen unserer Verarbeitung von personenbezogenen Daten kommt es vor, dass die Daten an andere Stellen, Unternehmen, rechtlich selbstständige Organisationseinheiten oder Personen übermittelt oder sie ihnen gegenüber offengelegt werden. Zu den Empfängern dieser Daten können z.B. mit IT-Aufgaben beauftragte Dienstleister oder Anbieter von Diensten und Inhalten, die in eine Webseite eingebunden werden, gehören. In solchen Fall beachten wir die gesetzlichen Vorgaben und schließen insbesondere entsprechende Verträge bzw. Vereinbarungen, die dem Schutz Ihrer Daten dienen, mit den Empfängern Ihrer Daten ab.
Die von uns verarbeiteten Daten werden nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben gelöscht, sobald deren zur Verarbeitung erlaubten Einwilligungen widerrufen werden oder sonstige Erlaubnisse entfallen (z.B. wenn der Zweck der Verarbeitung dieser Daten entfallen ist oder sie für den Zweck nicht erforderlich sind). Sofern die Daten nicht gelöscht werden, weil sie für andere und gesetzlich zulässige Zwecke erforderlich sind, wird deren Verarbeitung auf diese Zwecke beschränkt. D.h., die Daten werden gesperrt und nicht für andere Zwecke verarbeitet. Das gilt z.B. für Daten, die aus handels- oder steuerrechtlichen Gründen aufbewahrt werden müssen oder deren Speicherung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder zum Schutz der Rechte einer anderen natürlichen oder juristischen Person erforderlich ist.
Unsere Datenschutzhinweise können ferner weitere Angaben zu der Aufbewahrung und Löschung von Daten beinhalten, die für die jeweiligen Verarbeitungen vorrangig gelten.
Wir verarbeiten die Daten der Nutzer, um ihnen unsere Online-Dienste zur Verfügung stellen zu können. Zu diesem Zweck verarbeiten wir die IP-Adresse des Nutzers, die notwendig ist, um die Inhalte und Funktionen unserer Online-Dienste an den Browser oder das Endgerät der Nutzer zu übermitteln.
Weitere Hinweise zu Verarbeitungsprozessen, Verfahren und Diensten:
Bei der Kontaktaufnahme mit uns (z.B. per Kontaktformular, E-Mail, Telefon oder via soziale Medien) sowie im Rahmen bestehender Nutzer- und Geschäftsbeziehungen werden die Angaben der anfragenden Personen verarbeitet soweit dies zur Beantwortung der Kontaktanfragen und etwaiger angefragter Maßnahmen erforderlich ist.
Ihnen stehen als Betroffene nach der DSGVO verschiedene Rechte zu, die sich insbesondere aus Art. 15 bis 21 DSGVO ergeben:
In diesem Abschnitt erhalten Sie eine Übersicht über die in dieser Datenschutzerklärung verwendeten Begrifflichkeiten. Viele der Begriffe sind dem Gesetz entnommen und vor allem im Art. 4 DSGVO definiert. Die gesetzlichen Definitionen sind verbindlich. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen dagegen vor allem dem Verständnis dienen. Die Begriffe sind alphabetisch sortiert.
Erstellt mit kostenlosem Datenschutz-Generator.de von Dr. Thomas Schwenke
Verantwortlich für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten: (1&1 IONOS SE, Elgendorfer Str. 57, 56410 Montabaur, Deutschland, https://www.ionos.de/, info@ionos.de)